Bei "km 570" gibt es viele Neuigkeiten

Imponierende Ausstellung in der Villa Belgrano

RZ-Online Artikelarchiv vom 23.05.2007


BOPPARD. Mit der Ausstellung "Neue Mitglieder" in der Villa Belgrano hat der Kunstverein Mittelrhein seine diesjährige Ausstellungsreihe gestartet. Die Gruppenausstellung zeigt Skulpturen, Malerei und Objekte von sieben Künstlern, die dem "km 570" seit vergangenem Jahr beigetreten sind.


"Uns geht es um die Unterschiedlichkeiten in der Darstellungsweise, das Aufzeigen von verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten und die wechselnden Techniken", sagte Vorsitzender Uli Hoffelder in seiner Eröffnungsrede. Die gezeigten Techniken sind in der Tat vielfältig: Während Hanne Rittel aus Mayen ihre keramischen Plastiken in Assemblage-Technik mit Eisen, Draht oder Scherben kombiniert, zeigt die Mainzer Künstlerin Usch Quednau von der Natur inspirierte Bilder, die sie teilweise in Airbrush-Technik ausführt. Der Zyklus "Schöpfung" von Petra Heiden aus Löf zeigt Zeichen und Formen, inspiriert von Mythen oder religiösen Texten. Pastos aufgetragene Farben, Übermalungen oder eingearbeitete Stoffe schaffen eine vielschichtige Oberflächenstruktur.

Die seriellen Arbeiten der Konzeptkünstlerin Ute Bernhard aus Koblenz setzen sich mit der Frage der Zeitlichkeit auseinander. Durch das Niederschreiben des immer Gleichen entstehen Werke mit meditativem Charakter. Manche der dunklen Schrifttafeln beschreibt Bernhard mit einem Pinsel, den sie erst wieder in die weiße Farbe taucht, wenn das Wort zu Ende geschrieben ist. Ihre neuesten Schrifttafeln sind weiß und mit Kugelschreiber beschrieben - eine Sisyphusarbeit in noch gleichmäßigerem Rhythmus ist entstanden. Angelina Konrad verwendet einen ausgefallenen Maluntergrund für ihr Projekt "Auf der Suche nach der photographierten Zeit": Quadratische Weinfilterschichten, die Winzer zum Herausfiltern von Trübstoffen benutzen.

Um nachzuspüren, was Konrad zu den auf zarte Umrisse und kleinen Farbflächen reduzierten Zeichnungen inspirierte, kann der Betrachter einen kleinen, schwarzen Vorhang unter dem jeweiligen Bild anheben: Darunter verbergen sich Schnappschüsse aus dem Leben der Künstlerin. Sie sind Ausgangspunkt der abstrakten Zeichnungen, in denen Konrad der Frage nachgeht, ob beim Betrachten von alten Fotos das wirklich Erlebte erinnert wird oder doch nur die Erinnerung an die oft betrachteten Fotos.

Auf Tuchfühlung gehen darf man auch bei den Skulpturen von Jason W. Field. Anfassen ist sogar ausdrücklich erwünscht. Der in Oberwesel lebende Bildhauer will dem Betrachter die sinnliche Erfahrung des Berührens ermöglichen. Die glatten Oberflächen reizen geradezu zum Anfassen, um den runden Formen der von der abstrakten Bildhauerei der Moderne beeinflussten Skulpturen mit den Händen nachzuspüren. Field nimmt nicht nur auf die Moderne und die Kykladenidole Bezug, sondern auch "auf die Auswirkungen einer amerikanischen Werbemaschinerie", so der Künstler.

Die Auseinandersetzung mit der massenmedialen Vermittlung einer Idealkörpervorstellungen ist auch ein zentraler Punkt in der Arbeit von Sandra Ackermann. Sie setzt sich mit dem visuellen Selbstentwurf einer Gesellschaft, geprägt durch die Medien, auseinander. Wie das großformatige Ölbild "Lächeln": ein Foto aus einer Hochglanzzeitschrift. Losgelöst von der Werbebotschaft, wird es von Ackermann in einen neuen Sinnzusammenhang gestellt, um "die Bilderflut für einen Moment anzuhalten". Die ungewöhnlich blasse, glatte Haut der makellosen Werbeschönheit wirkt beunruhigend. "Mannequin" ist ein Portrait, das das ohnehin überhöhte Schönheitsideal einer Schaufensterpuppe noch steigert: auf Untersicht und mit dramatischer Lichtführung gemalt, erinnert das ausdruckslose Gesicht an antike Marmorskulpturen.

  Katja Nolles-Lorscheider        

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