Kleinformatige Denkmäler menschlicher Schwächen

 

Ausstellung Terrakotten und Bronzen von Eberhard Szejstecki im Kunstraum in Ehrenbreitstein

– Exponate bis zum 27. Mai zu sehen

Koblenz. Ein großes Denkmal dort, weithin sichtbar platziert auf dem Deutschen Eck, der Kaiser auf seinem vielfarbigen Bronzepferd. Und viele kleine Denkmäler hier, im Kunstraum des KM 570, des Kunstvereins Mittelrhein, in Ehrenbreitstein. Patriotisch geschürte Ehrfurcht sollen Letztere ganz sicher nicht gebieten, garantiert nicht. Kleine, knubbelige Figuren sind es, allerlei Menschlein und Tierchen aus Terrakotta- oder Bronzeguss, Form gewordener Witz oder auch Melancholie, die plastische Gestalt angenommen hat.

Schöpfer dieser Figuren, die mal auf kleinen, mal auf wuchtigen Sockeln oder in die Höhe gereckten, zerbrechlichen Stelen ihren Platz finden, ist Eberhard Szejstecki, 1958 in Gelsenkirchen geboren. Erst studierte er Grafikdesign in Münster, dann Bildhauerei in Bremen als Meisterschüler Waldemar Ottos, dessen Einfluss immer noch unverkennbar ist. Wie Otto gilt auch Szejsteckis ganzes Interesse der Figur, vielleicht, weil er überzeugt ist, wie es Arie Hartog in einem Katalog des Künstlers formuliert, dass die reine Form, beispielsweise das Dreieck, irgendwann uninteressant werde, eine dem Dreieck formal zweifelsohne verwandte Nase aber nicht.

Und so haben sie denn, bei aller körperlichen Rundlichkeit, tatsächlich alle vergleichsweise spitze, „dreieckige“ Nasen, der bronzene Entdecker, der hier zumindest durchs Schaufenster in die Weite schaut, sein Kollege, der „Schämer“, mittlerweile fast so etwas wie ein Markenzeichen Szejsteckis, der seinem betrachtenden Gegenüber den Rücken und sein Gesicht der Wand zukehrt – genau wie der „Wandinspektor“. Oder wie der Stierkämpfer, der in einer „Toreroschule“ betitelten Terrakotta-Plastik seinem recht wenig furchteinflößenden Gegner, dem gleichfalls rundlichen, gedrungenen Stier mit seinem dünnen Schwänzchen, etwas ratlos gegenüberzustehen scheint. Wer hier von wem lernt, ist wirklich nicht so ganz klar.

Viele der Plastiken wirken so, als seien sie Figurinen für den Schauspielunterricht, Musterbeispiele, welche Gesten, welche Haltungen am besten bestimmte Gefühle ausdrücken. Gefühle, die sich vor allem auch bei der Begegnung respektive Beschäftigung mit dem eigenen Ich einstellen, etwa in der „Als ich mich traf“ betitelten Plastik, in der sich wie bei allen in der Gipsform abgegossenen Terrakotten zum bildhauerischen Spiel mit der Form das malerische mit der Farbe gesellt. Das Thema des Doppelgängers, des Spiegelbilds, des Schattens kehrt nicht umsonst häufig in den Werken Szejsteckis wieder und, versteckt dahinter, die grotesk überspitzte Entlarvung von Größenwahn und Überheblichkeit auf der einen, die Enttarnung von Einsamkeit, von tatsächlicher Winzigkeit des Menschen auf der anderen Seite – von der Enthüllung von eitler Selbsttäuschung wie beim in der Luft schwebenden „Besten Freund“ ganz zu schweigen.

RZ v. 23.4.2018 / Lieselotte Sauer-Kaulbach

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