Luminale: Mittelrhein macht mit

RZ vom 01.04.2008, Claus Ambrosius

Die Biennale der Lichtkultur macht sich erstmals mit Lichtkunst und Events auf die Suche nach einer neuen Rheinromantik


Eigentlich war die Frankfurter Luminale ein Fest des Urbanen: Die Gestaltung städtischen Lebensraumes mit Lichtkunst hat jedoch seit ihrer Gründung 2002 aber viele Begleitprogramme und neue Teilnehmer inspiriert. Den aktuellen Neuzugang zur Luminale kann man am kommenden Wochenende erleben: Erstmals machen zwanzig Veranstaltungen am Mittelrhein bei der Biennale der Lichtkunst mit.

Die Loreley-Installation "IchWeißNichtWasSollEs" wird am Freitag, 4. April, um 20.30 vom Panorama-Restaurant an der B9 eröffnet

 Die Installation "IchWeißLicht" mit Werken aus dem Frankfurter Atelier Goldstein und von Studenten der Hochschule für Bildende Kunst Saar wird Samstag, 5. April, um 19.30 Uhr in der Villa Belgrano am Bopparder Rheinufer eröffnet

 

MITTELRHEIN.

Es ist kalt in der Villa Belgrano in Boppard. Bitterkalt. Kein Wunder: Die alte Backsteinvilla, die dem Kunstverein Mittelrhein noch bis Sommer zur Verfügung steht und dann hoffentlich besseren Zeiten und einer Sanierung entgegensieht, ist derzeit nicht heizbar. Dafür ist der schmucke Bau spannender Ausstellungsort für eine vielseitige Schau am Rande der "Luminale 2008".

Ganz schön am Rande, mag man meinen. Denn nach der Teilnahme der Stadt Mainz 2006 entfernt sich die Luminale in diesem Jahr noch deutlicher von ihren städtischen Frankfurter Wurzeln. Acht Kommunen im Bereich des Unesco Welterbes Oberes Mittelrhein machen mit - und in der Villa Belgrano am Bopparder Rheinufer reflektieren junge Lichtkünstler auf das Spektakel, das sonst vor allem in der freien Natur anzutreffen sein wird.

So wie etwa ein ganz zentrales Projekt der Luminale am Rhein: Der junge Bühnenbildner und Lichtkünstler Ingo Bracke wird vom 4. bis 13. April jeweils ab Einbruch der Dunkelheit das bekannteste Zeichen der Rheinromantik überhaupt, den Loreley-Felsen, neu inszenieren. Auf den Spuren des Heine-Gedichtes hat er sein Projekt "IchWeißNichtWasSollEs" genannt - und einige dieser Wörter sollen dann auch auf dem mythischen Fels zu lesen sein. Dabei, so Bracke, darf man sich diese Installation nicht etwa als bunt-grelles Beleuchtungsspektakel vorstellen: "Der Felsen wird geheimnisvoll leuchten, eher wie von Mondlicht erfüllt", gibt er einen Vorgeschmack. Feine Lineaturen teilen die Natur neu ein, bilden die Basis für Schrift - und wen alles gut geht und das Wetter ein paar Wolkenformationen zusteuert, werden die Linien für aufmerksame Hinseher in der Luft über der Loreley weiterlaufen.

Dass man bei diesem Projekt besonders genau wird hinschauen müssen, hat auch mit den zahlreichen Vorschriften zu tun, denen sich Ingo Bracke für dieses Projekt beugen musste: "Manchmal standen wir an einem Punkt, an dem die Durchführbarkeit nicht mehr sicher schien", erinnert sich der Lichtkünstler. Erst im Januar kam das endgültige Okay für die Loreley im neuen Licht - genau abgestimmt auf die Bedürfnisse des Tierschutzes. Wie anderswo Hamster den Bau von Freizeitparks verhindern, sind es hier brütende Turmfalken im Felsgestein, die nicht über Gebühr durch zu starkes Licht gestört werden dürfen.

Für die erste Luminale am Rhein haben sich ganz unterschiedliche Projekte angemeldet: Neben Lichtkunst-Projekten wie "IchWeißNichtWasSollEs" oder den audiovisuellen Installationen im Bopparder Kunstverein der Villa Belgrano reicht das Spektrum bis zur ganz handfesten "Funzelwanderung" - der Laternenwanderung durch die Straßen Bacharachs - oder dem Fackellauf des TSV Bacharach. Über Rüdesheim wird die beleuchtete Seilbahn-Trasse als Lichtachse leuchten, das Niederwalddenkmal in neuer, ungewohnt konturierter Beleuchtung erstrahlen. Hier ist der grundsätzliche Ansatz der Luminale sicherlich am weitesten aufgedehnt - soll die "Luminale am Rhein" ein zweiter "Rhein in Flammen" werden?

Eine Idee, die Lichtkünstler Ingo Bracke gar nicht so abwegig findet: "Es geht ja um den Begriff einer Neuen Rheinromantik. Ich habe schon das Gefühl, das man merkt, wie man am Rhein mit seinen altebekannten Pfunden auf neue Art wuchern kann. Und das kann ja im Endeffekt auch zu einem neuen Tourismus beitragen."

Ein gewagter Versuch also, eine technische Fachmesse aus Frankfurt bis in das Mittelrhein-Welterbe hinein auszuweiten. Und die Möglichkeit, an nur einem Wochenende eine scheinbar so vertraute Landschaft völlig neu zu erleben.   

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